Das Glück liegt vor der Haustüre


    Mit spitzer Feder …


    (Bild: zVg)

    Die Pandemie macht Pause und die Reiselust von Herrn und Frau Schweizer ist grösser denn je – es ist geradezu ein Reisefieber ausgebrochen. Kaum waren die ersten Lockerungen in Kraft, stürmten Armeen von Reisewütigen Strände, Berge und Seen. Reisen hat noch nie zu meinem Hobbie gehört – mein Bewegungsradius ist eher klein und ich weiss nicht, wenn ich zum letzten Mal die Landesgrenzen überquert habe. Viele von uns fahren in die Ferien oder wandern gar aus auf der Suche nach Sandstränden und stahlblauem Meer. Doch haben wir in der Schweiz nicht schon alles, was wir brauchen? Reisen öffnet den Horizont und lässt einen viele Dinge in einer neuen Relation sehen. Aber das tun Dokus auch, und die machen den ökologischen Fussabdruck nicht zu «Sie benötigen 2,5 Erden». Reisen ist teuer und anstrengend, und man ist in Ländern unterwegs, wo man die ganze Zeit hofft, es möge nichts Unvorhergesehenes geschehen. Deshalb nimmt man auch eine perfekt ausgerüstete Reiseapotheke mit. Man hat ständig irgendwie Angst um sein Portemonnaie oder seine Darmflora, aber dafür kann man im Meer baden und neue Kulturen kennenlernen. Mir ist das irgendwie zu umständlich, zu aufwändig.

    Es beginnt schon beim Packen: Es ist nicht meine Stärke und jedes Mal das gleiche Dilemma: Bis zur letzten Minute schiebe ich das Packen hinaus. Entweder vergesse ich etwas, habe zu wenig dabei oder das Falsche eingepackt. In diesen Momenten wünsche ich mir immer eine Superkraft: Einfach alles beamen zu können, was ich grad brauche. Und die Anfahrt – egal, ob per Auto oder per Zug (per Flugzeug ist schon gar keine Option) – das ganze Bagage, schleppen, prüfen, ob alles da ist, umsteigen, im Stau stehen, WC suchen etc. – reisen ist ätzend – definitiv nicht mein Ding! Bei mir löst es nur Gänsehaut aus. In Alaska zu fischen, mag entzücken. Die Serengeti zu durchstreifen, mag auch erfreuen. Auf den Spuren der Aborigines zu wandeln, mag auch interessant sein. Was ich aber eigentlich sagen wollte: Wir suchen unser Glück manchmal viel zu weit weg.

    Reisen ist die Metapher fürs Leben – vom Geburtskanal bis zur letzten grossen Reise, die durch den Tunnel zum Licht und damit zu Gott führen soll. Aber wahr ist auch: Das Leben glänzt zu Hause, oder es glänzt nirgendwo. Nun ist das Fernweh einmal in der Welt, das Reisen, die Lust auf Abenteuer und Entdeckung scheint uns Menschen innezuwohnen – denn so alt wie die Menschheit ist das Nomadentum.

    Ich reise oft und jeden Tag: Aber eben anders: Ich reise zu mir selbst, innerlich, in meinen Träumen. Die schönsten Reisen sind für mich, mit all meinen wunderbaren Büchern in die Welt der Geschichten und Mythen einzutauchen. Hier erlebe ich unendlich viele Abenteuer: Ich reise zum Mond und zurück – durch Epochen und verschiedene Zeitalter, so dass Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verschmelzen. Dies sind zauberhafte und fantastische Reisen, die mich begeistern, mich mit positiver Energie versorgen, die mich laben und weiterbilden – Seelennahrung pur und eine Lebensschule für Geist und Seele.

    Und Hand aufs Herz: Am Schönsten ist es einfach Zuhause. Wir leben in einem Land mit einer solch wunderschönen, vielseitigen Landschaft. Hier gibt es auf relativ kleinem Raum so viel zu erleben. Am glücklichsten bin ich, wenn ich ein neues Schloss entdecke, auf dem Dampfschiff über den Vierwaldstättersee gleite, den Hausberg meiner kleinen Stadt durchstreife, den Kühen im Emmental beim Grasen zu schaue oder meine Runden in meinem geliebten Oberaargau ziehe. Was will ich noch mehr – der Zauber der Natur, des Lebens und der Schöpfung liegen zum Greifen nah vor meiner Haustüre. Ich wäre ja doof, würde ich dieses unglaubliche Privileg nicht voll auskosten!

    Herzlichst,
    Ihre Corinne Remund
    Verlagsredaktorin

    Vorheriger ArtikelSicherheit beginnt an den Landesgrenzen
    Nächster ArtikelDas sind die Sieger des Swiss Packaging Award 2022